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Thermografie Grundlagen


 

Elektromagnetische Strahlung - Licht, Infrarotstrahlung

Materie oberhalb des absoluten Nullpunktes von –273,15°C strahlt elektromagnetische Wellen unterschiedlicher Wellenlängen aus. In den Planckschen Kurven ist beschrieben, in welchen Wellenlängenbereichen Strahlung mit welchen Energien (abhängig von der Temperatur) ausgesendet wird. 

Ein Eisklotz strahlt, ebenso glühender Stahl. Mit höheren Temperaturen steigt nicht nur die Energie, sondern auch die Frequenz, mit der die maximale Energie abgestrahlt wird. Bei etwa 400°C glüht Stahl auch für das Auge sichtbar. Die Sonne strahlt bei etwa 6000°C vorwiegend im sichtbaren Wellenlängenbereich. Dass verschiedene Wellenlängen abgestrahlt werden, wird deutlich, wenn Sonnenlicht durch ein Prisma geleitet und dabei ein Regenbogenspektrum mit den Spektralfarben sichtbar wird. 

Infrarotkamera 
Materie, deren Temperatur im Bereich von –10°C oder 200°C liegt, hat keine sichtbare Strahlung, außer der, die durch Lichtreflexion hervorgerufen wird. Deren Wellenlänge ist jedoch kürzer als die der Eigenstrahlung der Materie. Mit herkömmlichen Kameras gemachte Bilder zeigen diese Lichtreflexion. 

Eine Infrarotkamera hingegen, die zum Beispiel für Messungen bei –10°C oder 200°C eingesetzt wird, empfängt gezielt nur in dem Wellenlängenspektrum, in dem bei den bestehenden Temperaturen die höchsten Energien abgestrahlt werden. Dementsprechend macht sie die Temperaturen der aufgenommenen Objekte sichtbar. 

Glas eignet sich nicht für die Optik einer Infrarotkamera, da Glas Strahlung im Bereich 8-12µm nicht hindurchlässt. Dementsprechend werden Infrarotoptiken vorwiegend aus Germanium hergestellt. 

Eine solche Infrarotkamera ermöglicht es - mit gewissen Einschränkungen - durch Atmosphäre hindurchzusehen. Die Atmosphäre lässt das sichtbare Licht ebenso passieren, wie Infrarotstrahlung im Bereich 3-5µm oder 8-12µm. Gaskomponenten können die Sicht einer Infrarotkamera – ähnlich wie im sichtbaren Bereich Nebel oder Rauch - beispielsweise um 2µm oder 6µm beeinträchtigen. Da Rauch und Nebel jedoch keine Beeinträchtigung des ermittelten Bildes (Thermogramm) hervorrufen, eignet sich die Infrarotkamera gut für Feuerwehreinsätze, um sogar in verrauchten Gebäuden erfolgreich nach Personen suchen zu können. 

Emission, Transmission, Reflexion (E T R) 
Emission ist die Eigenstrahlung von Materie. 
Transmission ist die Durchlässigkeit von Materie in bezug auf Strahlung 
Reflexion ist die Materialeigenschaft, Strahlung zu reflektieren 

Formaler Zusammenhang zwischen E T R 
Die Strahlung, die von einem Punkt aus im Auge, der Videokamera oder der Infrarotkamera ankommt, setzt sich zusammen aus Emission, Transmission und Reflexion. 

Die Größen Emission, Transmission und Reflexion geben die jeweiligen Strahlungsanteile in %, bzw. von 0 bis 1 an. Die Summe der Anteile ist immer 1 oder 100%. 

Emission, Transmission, Reflexion im sichtbaren Bereich 
Emission: z.B. durch den Wolframfaden einer Glühlampe oder den PN-übergang einer Leuchtdiode 

Transmission: z.B. ein Glasfenster, ein transparentes Acrylglas oder Wasser

Reflexion: z.B. eine polierte Metalloberfläche, ein Badezimmerspiegel oder die Wasseroberfläche ab einem bestimmten Totalreflexionswinkel 

Emission, Transmission, Reflexion im Infrarotbereich 
Emission: ideal schwarzer Strahler, matte dunkle Oberflächen, Beton, Stein 

Transmission: bestimmte Salzkristalle BAF2, ZnSe, Germanium, Silizium, sehr dünne Kunststofffolien 

Reflexion: Kupfer, Aluminium, Zinkblech, polierter Marmor, Glas 

Einfluss des Emissionswertes auf den Messwert bei der Thermografie 
Thermografie steht im engen Zusammenhang mit dem Begriff Emissionswert. Da für die meisten Materialien die Transmission (Durchlässigkeit für Strahlung) eher gering ist, bleiben noch Reflexion und Emission als wichtige Messfaktoren, um in der Summe die oben erwähnten 100 Prozent bzw. den Wert 1 zu erhalten. 

Angenommen, man steht in einem Raum und möchte die Temperatur einer Glasscheibe eines Fensters messen. Die Glasscheibe hat einen Emissionswert von 0,5, das bedeutet, dass die Strahlung, die an der Kamera ankommt, sich zusammensetzt aus 50 Prozent Glasstrahlung (glastemperaturabhängig) und 50 Prozent Strahlung, die von der Oberfläche reflektiert wird. Spiegelt sich in der Glasscheibe eine matte dunkle Innenraumwand, so kann man näherungsweise die Innenraumtemperatur von z.B. 20°C und den Emissionswert von 0,5 bzw. 50 Prozent an der Kamera oder in der Auswertesoftware einstellen. Spiegelt sich jedoch ein Heizkörper mit 65°C in der Scheibe, oder sieht sich der Infrarotkameramann selbst dort, dann muss der entsprechende Wert als Hintergrundtemperatur angesetzt werden. Im folgenden Bild wird leicht ersichtlich, warum dies wichtig ist und welche Faktoren beachtet werden müssen. 

Versucht man nun im Hochsommer bei Außentemperaturen von 35°C und strahlend blauem Himmel die Glasoberflächentemperatur eines Fensters von der Strasse aus zumessen, so kann der Himmel (z.B. –20°C) reflektieren oder aber z.B. die schwarze Schieferfassade des Nachbarhauses (60°C) und im Ergebnis stellen sich ohne korrekte Hintergrundtemperaturberücksichtigung erhebliche Messfehler ein. 

Besonders schwierig ist diese Messung bei Kupfer oder Aluminiumoberflächen. Hier liegt der Emissionswert bei weniger als einem Prozent. Nun ist der Messwert zu 99 Prozent abhängig von der reflektierten Umgebung. Um solche Oberflächen exakt zu messen, muss man unter Laborbedingungen exakt messbare und homogene Hintergrundtemperaturen schaffen. Um den verbleibenden Messfehler zu ermitteln, der erhebliche Abweichungen vom richtigen Wert ausmachen kann, sollte in jedem Fall eine Fehlerrechnung durchgeführt werden. 
 

Generelle Hinweise zur Thermografie

Tipps für den Emissionswert 
Metall, Kupfer, Alu sollten schwarz gefärbt, geölt oder mit Wasser besprüht werden (keine E-Anlagen). 

Im Zweifelsfall immer mit der Kamera ein paar Zentimeter nach rechts und links bewegen und sehen, ob die vermeintlichen heißen Stellen im Infrarotbild mitwandern. Wandern sie mit, sind es Reflexionen. Wandern sie nicht mit, handelt es sich um echte heiße Stellen. Sind diese z.B. auf Kupfer oder Aluminium, so ist es vermutlich wesentlich heißer, als die Infrarotkamera anzeigt! 

Die Entfernung zum Messobjekt 
Bei Entfernungen zwischen Infrarotkamera und Messobjekt von einigen Metern hat die Atmosphäre bei Normalbedingungen praktisch keinen Einfluss auf die Messung. Erst bei Messungen über einige hundert Meter muss der Messwert rechnerisch korrigiert werden. 

Die Größe des Messobjektes 
Infrarotkameras haben heute beispielsweise 320 x 240 Bild- bzw. Messpunkte. Theoretisch könnte man berechnen, in welchem Abstand ein kleines Objekt gerade ein Pixel vollständig ausfüllt und dann messen. Leider sind aber Optiken keine idealen Systeme, so dass immer Beugungseffekte berücksichtigt werden müssen. Das bedeutet, dass ein heißer Bereich im Bild wenigstens 10 Messpunkte ausfüllen sollte, damit ein korrekter Wert gemessen werden kann. 

Ausschlaggebend ist dabei nicht die Entfernung zum Messobjekt, sondern die Anzahl der ausgefüllten Messpunkte. 

Die Infrarotkamera 
Eine Infrarotkamera bildet Temperaturen ab. Dies kann schwarz / weiß erfolgen, dann entsprechen die Helligkeiten den Temperaturen. üblicherweise werden jedoch verschiedene Falschfarbendarstellungen gewählt. Die Zuordnung von Farben zu Temperaturen werden vom Betrachter oft intuitiv von blau nach rot also von kalt nach warm erwartet. Im Kamerabild liefert ein Farbkeil die Zuordnung der Temperaturen zu den Farben. 

Eine Infrarotkamera ist ein kalibriertes System und wird auch als Radiometer bezeichnet. Für die absolute Messgenauigkeit der Kamera spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Unter anderem werden in der Kamera die Temperaturen der Optik oder des Detektors gemessen, um die internen Kalibrierkennlinien korrekt zu parametrieren. 

Wichtig ist deshalb immer, dass die Kamera selbst thermisch stabil ist. Man sollte also bei einer Gebäudethermografie nicht mit der 20°C warmen Kamera aus dem Auto steigen und bei Außentemperaturen von –20°C korrekte Messwerte erwarten. Diese erhält man erst, wenn die Kamera selbst thermisch stabil ist, also etwa ½ Stunde bei –20°C läuft. 
 

Applikationen

Applikation & Tipps Elektrothermografie 
Metalloberflächen nicht für reale Messwerte verwenden! 
Blanke Kupferschienen nicht beachten! 
Alu- oder Zinkblechgehäuse sowie warme Kabelkanäle sollten geöffnet werden! Die Kabel darin sind dann vermutlich deutlich wärmer. 
Schütze und Trafos enthalten Spulen, die durchaus 60-70°C warm werden!
Kabelabgänge von Kupferschienen, Kabelisolierung oder Schrumpfschlauch am Kabelschuh messen! 

Applikation Gebäude 
Vorsicht bei Dachrinnen: diese sind meist aus Zink oder Kupfer und reflektieren unter Umständen den Himmel. Von außen betrachtete Glasscheiben reflektieren Bäume, gegenüberliegende Gebäude oder den Himmel und die Wolken. Alte, blanke Alufenster und Türen reflektieren ebenfalls. Doppelglasscheiben sind durch Blechprofile getrennt, die eine bauartbedingte Wärmebrücke darstellen. Innenecken oder Kanten in Räumen stellen eine geometrische Wärmebrücke dar und sind meist kälter als die Wand oder Decke. Wichtig ist die Unterschreitung des Taupunktes. Zinkblechfassaden reflektieren. 

Applikation Kunststoffformen 
Formen sind meist aus blankem Stahl und reflektieren. Das Ziel bei der Optimierung von Formen ist in der Regel das Produkt, das mit den Formen gefertigt wird. Das Produkt sollte untersucht werden. Oft gibt es Bedenken, dass das Produkt abkühlt, wenn es aus der Form entnommen wird. Das ist richtig, aber abhängig von der Masse sind die Zeitkonstanten recht hoch, so dass auch nach einigen Sekunden noch ein qualitativ hinreichendes Thermogramm aufgenommen werden kann. Man kann die Zeitkonstante berechnen oder abschätzen, indem man nach dem schnellstmöglichen Aufnahmezeitpunkt weitere Aufnahmen in definierten Zeitabständen macht und eine Temperatur / Zeitverlaufskurve erstellt. 

Applikation Elektronik 
Bei elektronischen Bauteilen sind Größe und Lötzinn zu beachten. Mit einer Infrarotkamera ohne Makrooptik sind SMD Wiederstände nur qualitativ zu beobachten. An SMD-Chips können exakte Temperaturen gemessen werden. Lötzinn reflektiert! Um diesen Effekt zu sehen, muss man nur eine Hand in der Nähe des PCB bewegen; die heiße Halogenlampe verursacht ebensolche Effekte. Schirmbleche aus Zink, blanke Knopfzellen, Schrauben oder ähnliches reflektieren hier ebenso. Schwarze Alukühlkörper hingegen können exakt gemessen werden. Die thermische Zeitkonstante von SMD Chips ist recht kurz und liegt im Bereich einiger Sekunden! 

 

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